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"Perfekte Fotos vermitteln eine verzerrte Sicht auf die Realität"

Mit ihren ungefilterten Darstellungen des alltäglichen Lebens möchte die Fotografin Karolina Horner sowohl Eltern als auch Kindern ein authentisches Portrait vom Familienleben schenken. Schmutzige Kleidung, Streit unter Geschwistern, chaotisch verstreutes Spielzeug und erschöpfte Eltern sind in ihren Fotos ebenso oft zu sehen wie Lachen, Tränen, Zusammenhalt und alle möglichen Arten der Interaktion.

„Wenn sie all die perfekten Fotos in den sozialen Medien sehen, haben viele Eltern das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Aber wenn Kinder groß werden und sich diese Art von Fotos ansehen, besteht die Gefahr, dass sie eine verzerrte Wahrnehmung der Realität bekommen“, sagt sie.

Karolinas eigener Vater hielt den Alltag der Familie mit der Kamera fest. Als er mit nur 38 Jahren plötzlich verstarb, hinterließ er einen großen Schatz an Fotos – Bilder aus dem täglichen Leben, voll von emotionalen Momenten, die Karolina und ihre Schwestern sich gemeinsam ansehen und in Erinnerungen schwelgen konnten. Diese Bilder brachten sie dazu, sich auf dokumentarische Familienfotografie zu spezialisieren.

„Ich möchte, dass meine Fotos echte Emotionen zeigen und die Gefühle genau dieses speziellen Moments widergeben. Wie es sich angefühlt hat, deine Zähne zu putzen, mit deinen Geschwistern zu streiten oder Zeit mit deinen Eltern zu verbringen“, sagt Karolina.  

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Heute begleitet sie Familien für einige Stunden, einen Tag oder sogar über ein ganzes Jahr, um ein Portrait ihres täglichen Lebens zu zeichnen. Aus der Sicht von Eltern genauso wie aus der Perspektive eines Kindes.

„Ich möchte echte Momente festhalten, und ich glaube, dass es Eltern hilft, wenn sie diese Art von ehrlichen Bildern sehen. Keine perfekte Beleuchtung, kein breites Lächeln oder aufeinander abgestimmte Kleidung, denn wir sind als Menschen so viel mehr als das. Viele Eltern mühen sich ab, um ihren Kindern eine ‚perfekte Kindheit‘ zu ermöglichen, auch wenn das bedeutet, dass die Dinge für sie selbst gar nicht perfekt sind. Sie sind erschöpft, während sie sich um traurige Kinder und um ihr Zuhause kümmern müssen. Wenn Kinder erwachsen werden und sich alte Fotos ihrer erschöpften Eltern ansehen, werden sie verstehen, welche Opfer diese für sie gebracht haben, und dass dies völlig normal ist. Dass andere Menschen genau die gleichen Herausforderungen erleben wie sie selbst. Es steckt so viel Schönheit in dem, was nicht perfekt ist, und diese Realität möchte ich zeigen“, sagt Karolina.


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Sie merkt an, dass gar nicht viel nötig ist, um Kinder glücklich zu machen.

„Als Eltern sollten wir uns ein wenig entspannen, die Augen öffnen und verstehen, dass man keine Unmengen an Aktivitäten, Geschenken und anderen Dingen braucht. Kinder können schon mit wenig so viel anfangen, und wenn sie etwas finden, das ihnen Spaß macht, tun sie es immer und immer wieder. Wir vergessen, wie magisch es sein kann, ein Schloss aus Sofakissen zu bauen, sich gegenseitig das Gesicht zu bemalen oder andere verrückte Dinge zu tun, die für Kinder ganz natürlich sind. Ich möchte diese Familienmomente festhalten und zeigen, dass der Alltag genau so, wie er eben ist, perfekt ist.”


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Karolina hat auch gelernt, dass es Routinen gibt, die in jedem Haushalt gleich sind, wobei aber dennoch alle ihre eigenen Wege gehen.

„Das kann zum Beispiel die Art und Weise sein, wie Eltern ihre Kinder ins Bett oder zur Schule bringen. Das Zähneputzen ist auch so eine Routine, die in jeder Familie ein wenig anders abläuft. Manche haben ihr Kind dabei auf dem Schoß, andere stehen sich gegenüber, und dann gibt es noch diejenigen, bei denen schon fast ein Ringkampf notwendig ist, damit die Zähne wirklich geputzt werden. In diesen Momenten steckt so viel Emotion und Interaktion, und es ist ein Geschenk, sie aus der Nähe betrachten und festhalten zu dürfen.”


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Karolina bietet auch Kurse an, in denen sie die Kunst vermittelt, das Alltagsleben zu porträtieren. Besonders erinnert sie sich an eine Teilnehmerin, die ihr ein Foto ihres Sohnes zeigte, der im Badezimmer auf dem Boden lag.

„Sie erzählte mir, dass sie zuerst die Wäsche weggeräumt hatte, die um ihn herumlag, da sie dachte, dass das nicht gut aussieht. Ich sagte ihr, sie solle die Wäsche beim nächsten Mal liegenlassen, da dies zeigt, wie ihre Realität wirklich aussieht. Später machte sie genau das gleiche Bild noch einmal und stimmte mir zu, dass es viel besser war, da es sie und ihr Leben zeigte. Ich liebe es, das zu unterrichten und beobachten zu können, wie Menschen zu leidenschaftlichen Fotografen werden“, sagt Karolina.


Pictures by Karolina Horner. All rights reserved.

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